Franz Stadler scheut sich nicht davor, Kritik zu üben. Besonders wenn es um Arzneimittel und ihre
Sicherheit geht, zeigt sich der Apotheker engagiert. „Unsere Aufgabe als Apotheker ist es, da den Finger in
die Wunde zu legen“, sagt er. „Das Thema Arzneimittelsicherheit ist unsere Existenzberechtigung.“
Passend dazu erschien vergangenes Jahr sein Buch „Medikamenten-Monopoly“. Darin fasst Stadler seine
Kritik an der Profitorientierung der Arzneimittelindustrie aus den letzten 20 Jahre nochmal zusammen und
liefert Vorschläge für einen solidarischeren Weg. Denn ein anderes Credo des 59-Jährigen lautet:
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Nicht nur kritisieren, sondern auch machen. So kam es, dass er die private Stiftung für
Arzneimittelsicherheit (h!ps://www.sti“ung-arzneimi!elsicherheit.de/), die er als Fazit des
Buches einfordert, gleich selbst gründete. „Unsere Aufgabe ist es auch, von praktischer Seite auf Probleme
aufmerksam zu machen.“
Bloß kein Spezialist sein
Geboren in Ingolstadt, zog es Stadler nach dem Wehrdienst für sein Studium nach Regensburg. Die
Studienberatung habe ihm Pharmazie schmackhaft gemacht. Die Aussicht, danach relativ frei in der
Berufswahl zu sein, habe ihn überzeugt. Damals wie heute ist es Stadler wichtig, sich nicht allzu verbindlich
auf einen Bereich festlegen zu müssen. „Ich wollte nie der totale Spezialist für etwas werden, beispielsweise
Chemiker, und als Apotheker sind wir gut ausgebildete Allrounder“, sagt er und betont: „Ich bringe meinen
Blick als Praktiker ein.“
Seine Approbation zum Apotheker schloss er 1988 ab. Im Jahr 1990 promovierte er im Fachbereich
Physiologie und machte noch einen kurzen Abstecher in die Pharmaindustrie. „Das war aber nicht
die komplette Erfüllung“, erzählt er. Mit seiner sehr direkten und ehrlichen Art habe er dort keinen leichten
Stand gehabt. „In der Pharmaindustrie geht es viel um die persönlichen Netzwerke – eine Sache, die man
mögen muss.“
1992 gründete er dann mit seiner Frau die Sempt Apotheke in Erding und leitete diese bis zum Verkauf im
vergangenen Jahr. Im Nachhinein erzählt er: „Hätte mir bei Vertragsunterzeichnung jemand gesagt, dass ich
die fast 30 Jahre leite, wäre ich etwas vorsichtiger gewesen.“ Er sei niemand, der immer das gleiche machen
wolle. Doch die Apotheke habe viel Potenzial gehabt. Mit der Eröffnung des Flughafens und eines
Ärztehauses sei der Standort gut für eine Neugründung geeignet gewesen. „Wachsen und gestalten können,
das war mir wichtig.“
Probleme in der Arzneimittelsicherheit sichtbar machen
Damit es ihm in der Apotheke nicht doch noch zu fad wurde, brachte Stadler durch andere Projekte
Abwechslung in seinen Alltag als Apotheker. Sowohl ehrenamtlich als auch berufspolitisch setzte er sich für
Arzneimittelsicherheit ein. In Vorträgen und Veröffentlichungen warnte er davor, dass die solidarische
Arzneimittelversorgung durch Liefer- und Versorgungsengpässe, steigende Preise und Patente gefährdet
sei.
Als Kreisbeauftragter des Erdinger Flughafens krempelte er den Maltester Hilfsdienst um. Zwischen 2006
und 2010 war er Delegierter der Bayrischen Landesapothekerkammer. 2018 beteiligte er sich an der
Gründung der Arbeitsgemeinschaft Parenterale Zubereitung. Parenteral bezeichnet die
Verabreichung von Arzneimitteln durch Injektion oder Infusion in den Blutkreislauf. Die
Arbeitsgemeinschaft kritisiert, dass diese Versorgung fast nur noch von wenigen großen
Herstellbetrieben übernommen werde. Dadurch entstünden lange Lieferwege, die der Wirksamkeit der
sehr empfindlichen Stoffe schaden könnten.
„Es kann passieren, dass die Infusion dann möglicherweise nur noch 70 Prozent anstatt 100
Prozent wirkt“, sagt Stadler. Ein Problem, dem er und seine Frau sich nun auch mit der Stiftung für
Arzneimittelsicherheit widmen wollen. In einer geplanten Pilot-Studie wollen sie untersuchen, wie viel
von der Wirkung tatsächlich verloren geht. „Die Pharmaindustrie fühlt sich für solche Fragen nicht
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unbedingt verantwortlich“, sagt er, „an den Aufsichtsbehörden geht das Problem vorbei. Und der Patient
kann es nicht beurteilen.“ Also brauche es eine gemeinnützige private Stiftung, um auf solche Risiken
aufmerksam zu machen. „Wir können zwar nicht regulatorisch eingreifen, aber wir wollen auf Probleme
hinweisen.“ Lisa Winter
veröffentlicht am 21.04.2021 im Berliner Tagesspiegel: https://background.tagesspiegel.de/gesundheit/franz-stadler